Anton möchte wissen, warum ein Wecker läutet. Deswegen nimmt er ihn auseinander. Irgendwo da drin in diesem Gehäuse muss das Läuten sich doch verstecken!
Nachbarn und Freunde würden Anton wohl als aufgewecktes Kerlchen bezeichnen, als wissbegierig. Ein ganz normaler Junge, der seine Eltern wahnsinnig machen kann:
Anton, wenn du so schlimm bist, wird der schwarze Mann kommen und dich holen!
Wenn jedoch ein solcher Anton, ein schwarzer Mann und die Kinderbuch-Autorin Christine Nöstlinger aufeinandertreffen, dann sollten Erwachsene sich in Acht nehmen! Es könnte sein, dass sie auf einmal gar nicht mehr so souverän und glaubwürdig wirken, wie im Moment der Drohung.
Anton denkt oft über den schwarzen Mann nach und darüber, wie er aussehen könnte. Eines Tages steht der schwarze Mann im Kinderzimmer und reicht Anton den Schraubenzieher, damit er den Wecker komplett auseinander nehmen kann. Weil das gar nicht so einfach ist erklärt der schwarze Mann auch gleich, wie man den Schraubenzieher richtig verwendet. Anton und er werden heimlich beste Freunde. Doch eines Tages entdeckt die Mutter den schwarzen Mann.
Keine Sorge, es geht alles gut aus. Nur für die Erwachsenen geht es ein klein wenig weniger gut aus. Es ist eben ein Bilderbuch von Christine Nöstlinger.
Stefanie Reich hat das Bilderbuch großartig illustriert. Ihren schwarzen Mann muss man einfach liebhaben. Antons Angst vor dem schwarzen Mann hat sie in die Kinderzeichnungen gepackt, die im Kinderzimmer an der Wand hängen. So steht die Angst gar nicht so sehr im Mittelpunkt; Angst ist etwas, mit dem man umgehen kann.
Mir ist das Bilderbuch in den letzten Tagen in einem ganz anderen Zusammenhang wieder eingefallen: Medienkompetenz und die Fähigkeit, Aussagen zu hinterfragen. Genau diese Fähigkeit besitzt Anton. Außer bei Kohlsuppe, die mag er wirklich nicht. Aber alles andere nimmt er mit einer neutral bis neugierigen Haltung auf und prüft genau, was sich dahinter verbirgt.
Wer genau hinschaut sieht auch, dass die Geschichte von Anton und dem schwarzen Mann mit „Es war einmal …“ beginnt. Genau wie ein Märchen – oder auch ein Wecker – lädt sie dazu ein, auseinander genommen und hinterfragt zu werden.
Christine Nöstlinger
Stefanie Reich – Illustrationen
Der schwarze Mann
empfohlen ab 4 Jahren
Sauerländer Verlag
ISBN 978-3-7373-6139-2
Christine Nöstlinger im Interview: Ich bin keine Erzieherin.
Pingback:Was tun bei Angst? Zwei Bücher, die Kindern helfen - Buchkind-Blog