Woher haben die Planeten ihre Namen und welche Geschichte verbergen sich hinter Sternbildern wie Stier und Bär?
Das Wortspiel mit der „Herkulesaufgabe“ bietet sich an: Ursel Scheffler und Betina Gotzen-Beek haben aus der labyrinthischen Fülle der griechischen Sagen die herausgesucht, nacherzählt und illustriert, die einen direkten Bezug zu unserem Sternenhimmel haben.
Diese Nacherzählungen der Sagen haben einen ganz eigenen Erzählton, der mehr an eine direkt vorgetragene Rede, an ein direktes Ansprechen der jungen Zuhörer erinnert, als an eine Nachdichtung:
Sie brachte neue Riesenkinder zur Welt: die Giganten. Die sollten Zeus und sein Gefolge wieder aus dem Olymp verjagen.
Gaias Riesenkinder wuchsen riesig schnell zu schlagkräftigen Kämpfern heran. Es waren starke Kerle mit Schlangenschuppen an den Beinen. Als Waffen benutzten sie klobige Keulen und gewaltige Felsbrocken.
S. 25
Durch diese Art zu erzählen gelingt es der Autorin besonders gut, die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Sagen aufzuzeigen und so auch jüngeren Kindern einen Zugang zu ermöglichen. Auch die Illustrationen von Betina Gotzen-Beek richten sich weniger an den Gymnasiasten, der seine klassische Bildung auffrischen will, als viel mehr an jüngere Leser.
Lediglich die Ausstattung des Buches wundert mich etwas. Das beginnt beim Titel „Helden und Götter. Die spannende Welt der griechischen Sagen.“ Hier fehlt der Hinweis auf die Astronomie völlig, wohingegen der Klappentext seinen Schwerpunkt genau darauf setzt. Dieser verschweigt dafür wiederum, dass dieses Buch einen sehr guten Überblick über die griechischen Sagen liefert und diese zeitgemäß nacherzählt werden.
Die einzige Sternenkarte befindet sich auf dem Vorsatzpapier. Sie ist allerdings dekorativer Natur, nicht beschriftet und für Sternbeobachtung nicht geeignet. Eine andere Sternenkarte gibt es in dem Buch nicht! Das verwundert mich bei diesem Thema doch sehr, zumal ich vom Herder Verlag sorgfältigeres Arbeiten gewohnt bin.
Wunderbare Illustrationen, eine gute, schlüssige Zusammenstellung griechischer Sagen, die zudem mit Info-Häppchen angereichert wurden und ein ganz besonderer Erzählton – dafür lohnt sich das Buch. Wer jedoch wirklich das, was er im Buch gelesen hat, am Sternenhimmel nachvollziehen will, braucht weiteres Material wie zum Beispiel „Mein erstes Welcher Stern ist das?“ aus dem Kosmos Verlag.
Weitere Infos zum Buch:
Ursel Scheffler – Text
Betina Gotzen-Bek – Illustrationen
Helden und Götter
Die spannende Welt der griechischen Sagen
Rezension auf dem Kinderohren-Blog mit der guten Frage, warum eigentlich beide Kämpfer auf dem Cover Linkshänder sind
Kerle Verlag / Herder Verlag
ISBN 978-3-451-71323-1
Von Ursel Scheffler und Betina Gotzen-Bek stammt auch die Kinderbibel aus dem Herder Verlag, die ich hier begeistert empfehle.
Artikel-Update 23.11. – ein Tag nach Erscheinen:
Ursel Scheffler hat mir eine Mail geschickt mit einer ganz lieben „Kritik an der Kritik“, die ich gleich an Euch weitergeben möchte. Das Buch war von der Autorin und dem Verlag immer als Sagenbuch geplant; die Hinweise, dass die alten griechischen Sagen am Sternenhimmel und in einigen Redewendungen weiterleben, waren von Anfang an nur als Bonus gedacht.
Meine Ausgangsfrage „Woher haben die Planeten ihre Namen und welche Geschichte verbergen sich hinter Sternbildern wie Stier und Bär?“ war also nie als Intention des Buches gedacht.
Bei mir hat schlicht und einfach die Ankündigung des Buches und der Klappentext eine andere Erwartungshaltung geweckt: „An unserem Sternenhimmel wimmelt es nur so von griechischen Göttern“. Aber das der Aufhänger für den Klappentext, Titel und Inhalt nicht so ganz harmonieren – das hätte meiner Meinung nach wirklich jemanden auffallen können.
Fazit: Habt Spaß mit den Sagen und genießt den Sternenhimmel so!