Muffelfurz war lange Zeit das beste Schimpfwort, das mir in einem Kinderbuch begegnet ist. Bis ich dann bei Binette Schroeder auf Kakadudeldödler und Kauzquake traf. Doch auch diese äußerst kreativen Schimpfwörter müssen sich jetzt geschlagen geben. Denn der kleine Theo Tapir, Sieger des jährlichen Schimpf-Wettbewerbs, schimpft einfach besser!
„Das große Schimpfen“ ist ein Bilderbuch gewordenes Rollenspiel. Wir starten in die Geschichte mit zwei aufgeregt schnatternden Gänsen, die uns wie Sportreporter mit dem Wettbewerb vertraut machen. Im Hintergrund laufen noch die Vorbereitungen. Dabei geht so viel schief, das wirklich jedes Tier einen guten Grund zum Schimpfen hätte. Das Schweinchen verheddert sich in der Wimpelkette und an den Stacheln des Igels zerplatzen die Luftballons. Ärgerlich!
Doch geschimpft wird nur auf der Bühne. Theo Tapir, der gerade mal drei Jahre alt ist, nimmt all sein Mut zusammen, klettert auf das Podest und kräht sein Lieblings-Schimpfwort heraus. Das Publikum tobt.
Tatsächlich wird sich der kleine Held gegen den hochmütigen Platzhirsch durchsetzen. Bis dahin lernen wir noch wunderbare Schimpfwort-Kreationen kennen. Aber vor allem erleben wir hautnah mit, was der Unterschied zwischen einem witzigen und einem beleidigenden, gemeinen und verletzenden Schimpfwort ist.
Die Mutprobe: Traust Du Dich, das vor Publikum zu sagen?
Kennt ihr das, wenn kleine Kinder ins Zimmer rennen, ein einzelnes Wort in den Raum brüllen – und dann kichernd wieder rausrennen? Das ist ein Mutanfall. Meist ist er aus einer Wettbewerbssituation mit Freunden oder Geschwistern entstanden ist, die im Kinderzimmer warten und darauf gewettet haben, dass sich das Kind das niemals trauen wird.
Man sollte sich daher von der Turnier-Atmosphäre nicht täuschen lassen. Auch wenn die Handlung reduziert wirkt und sich scheinbar auf den Wettbewerb beschränkt, steckt mehr in der Geschichte. Dieses Bilderbuch greift viele Alltagssituationen auf, die Kindern auch dann vertraut sind, wenn sie Wettkämpfe lieber meiden.
Schimpfend die Empathie verbessern – das geht!
Schimpfen tut gut. Es ist ein wirksames Ventil, um die eigenen Emotionen zu regulieren. Das wiederum ist etwas, was Kinder noch lernen müssen.
Aber Schimpfen kann gemein und bösartig sein. Dieses Bilderbuch zeigt sehr genau, wo die Grenze zwischen Dampf ablassen und die Gefühle anderer verletzen verläuft – und wie schmerzhaft es ist, wenn sie überschritten wird!
In meiner Kindheit ertönten auf dem Schulhof diskriminierende Schimpfwörter, die mittlerweile zum Glück nahezu ausgestorben sind. Aber leider noch nicht alle! Wenn Kinder so kreativ mit Sprache umgehen, wie der kleine Theo Tapir und seine Konkurrenten, dann werden auch die übrigen rassistischen, sexistischen, homophoben und diskriminierenden Beleidigungen verschwinden!
Infos zum Bilderbuch:
Michaël Escoffier – Text
Kris Di Giacomo – Illustrationen
Bettina Bach – Übersetzung aus dem Französischen
Das große Schimpfen
Bilderbuch – empfohlen ab 4 Jahren
Ist aber auch noch für Grundschul-Kinder passend
Mixtvision Verlag
Kleiner Exkurs für die Erwachsenen: „Rassistische, sexistische und homophobe Beleidigungen gehen gar nicht.“ Anatol Stefanowitsch bei Deutschlandfunk Nova. Sein Buch „Eine Frage der Moral. Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen.“ habe ich auf meinem Blog Geschichtenagentin besprochen.
Falls ihr jetzt am Ende des Blog-Beitrags immer noch rätselt, was es mit Muffelfurz und Kakadudeldödler auf sich hat – dann bitte hier entlang:
Muffelfurz ist ein tolles Wort
Binette Schroeder – eine Einladung zum magischen Spiel
Ach ein lustiges Buch. Über lustige Schimpfwörter habe ich noch gar nicht nachgedacht. Aber klar, wenn sie lustig sind, sind sie ja eigentlich gar nicht so schlimm. :-9
Liebe Grüße,
Steffi & Kimmel-Bummel