Lesen lernen – wie geht das?

Lesen lernen mit dem BuchkindDie Buchstabenhüpfer – so lautet die Überschrift eines sehr interessanten Artikels auf Zeit Online, der sich mit der Frage beschäftigt, wie lesen lernen überhaupt funktioniert.

Wie schaffen es Kinder, einzelne Buchstaben zu Silben zu Wörtern zu Sätzen zu sinnvollen Geschichten zusammenzufassen?

Was leisten Auge und Gehirn beim Vorgang des Lesens? Und warum lernen Kinder so unterschiedlich schnell lesen?

Jedes Kind lernt in seinem ganz eigenen Tempo lesen. Das ist eine Tatsache, die sich besorgte Eltern immer wieder vor Augen führen sollten.

„In kaum einem anderen elementaren Lernbereich gibt es so große Unterschiede zwischen den Menschen wie beim Lesen“, sagt Sascha Schroeder, Leiter der Forschungsgruppe.
Quelle: Die Buchstabenhüpfer – Zeit Online
http://www.zeit.de/2014/35/lesen-lernen-schule-buecherwurm

Als Ex-Buchhändlerin und Kinderbuch-Enthusiastin wird man ja immer wieder auf auf schulische Nöte und Sorgen angesprochen. Kannst Du mir nicht etwas zum lesen lernen empfehlen? Meine Antwort darauf lautet: Ja, kann ich: entspann Dich!

Eine Mutter, deren Sohn laut Aussage der Lehrerin Leseprobleme hatte, antwortete auf die Frage, was er denn liest, mit: Joghurt-Becher.

Dieser Junge las mit Vorliebe der Familie am Frühstückstisch alle Informationen vor, die er auf dem Joghurt-Becher fand – inclusive der richtig schwierigen Wörter wie Johannisbrotkernmehl, Rhabarber und Kalorien. Als Leseschwäche würde ich ja so etwas nicht bezeichnen.

Jeder Leser-Lebenslauf ist einzigartig

Einige Erwachsene haben mir erzählt, dass sie als Kind nicht so recht lesen lernen wollten. Stephen King hat es dann gerichtet, den sie in der Pubertät als Mutproben-lesen für sich entdeckt hatten.

Ein vielleicht etwas extremer, aber von mir selbst erlebter Fall war der junge Mann, der mit Anfang 20 begann, Gott und die Welt zu hinterfragen und deswegen alle wichtigen Texte las: die Bibel, den Koran, Karl Marx, Nietzsche. Das waren die ersten Bücher, die er lesen wollte!

Solche Geschichten könnte ich noch viele erzählen; in 25 Jahren Buchhandel kommt da einiges zusammen.

Leider wahr: üben, üben, üben

Also einfach Geduld haben und auf die Zukunft hoffen? Ganz so einfach ist es dann leider auch wieder nicht. Lesen lernen besteht einmal aus der Technik, so wie es in dem Artikel beschrieben wird: lernen, einzelne Buchstaben zu Silben und Wörtern und Sätzen zusammenzufügen. Eine Technik erlernen bedeutet: üben, üben, üben.

Dann besteht lesen lernen aber auch aus dem Zauber: der richtige Text, die richtige Geschichte für den genau passenden Menschen. Manchmal befindet sich der richtige Text eben auf Joghurt-Bechern. Kann vorkommen, muss aber nicht so bleiben. Die Chance, dass irgendwann jeder „seinen Stephen King“ findet und damit die Initialzündung zum Lesen erhält, ist groß.

Was war bei Euch die Initialzündung? Gibt es ein Buch, an das ihr Euch erinnert, das Euch zum Leser machte?

8 Kommentare

  1. Ich habe angefangen zu lesen, als ich ein zerfleddertes, vergilbtes, unansehnliches Taschenbuch in die Hände bekam: „Schuld und Sühne“. Da war ich 16. Ich konnte einfach nicht ehr aufhören zu lesen. Ich konnte die Hauptfigur nicht ausstehen und wollte doch unbedingt wissen, wie es mit ihr weiterging.
    Annette

  2. Ein interessanter Beitrag!
    Ich konnte es kaum erwarten in die Schule zu kommen, um endlich lesen zu lernen. Bei mir waren es die Lustigen Taschenbücher von Disney und das Mickey Mouse Magazin. Ich wollte unbedingt wissen, was in den Sprechblasen steht und das war meine Motivation.

    Habe mir aber am Anfang noch etwas schwer getan, aber ein Jahr später bin ich der Lesesucht verfallen und die hält bis heute an.

    Liebe Grüße,
    Nicole

    • Ich habe ja einfach von Anfang an alles gelesen – auch Comics. Wobei natürlich gerade Comics optimal für Leseanfänger sind, weil die Geschichte doppelt statt findet: einmal im Wort, einmal im Bild. Eines von beiden versteht man immer. Das macht es leichter.

  3. Ich wollte unbedingt lesen lernen und habe von Anfang an alles gelesen, was es mir irgenwie möglich war zu entziffern. Eines der ersten Worte, die wir in der Schule gelernt haben war „Ina“. Nun, viel konnte man damit an den ersten Schultagen noch nicht lesen, aber ich habe mir die Zeitung genommen und alle Wörter herausgesucht, in denen das Wörtchen „Ina“ steckt, z.B. „miteINAander“.

    • Klasse – genau das zeigt, dass es so viele Wege gibt, die zum Lesen führen, wie es Kinder gibt. In meiner Fibel gab es Uli – den Fehlerteufel. Der steckt in nicht so vielen Wörtern wie Deine Ina 🙂

  4. Ja, es ist wirklich faszinierend, wie Kinder lesen lernen! Ich arbeite als Sprachtherapeutin und bin selbst immer noch sehr beeindruckt!
    Einen schönen Kommentiertag noch! Wir wünschen dir viele Kommentare heute! Gruß aus Brandenburg
    Jana und Aimee von Jaimees Welt

  5. Ich war auch eine sehr langsame Leserin, als ich in die zweite Klasse kam.

    Meine Eltern begannen, mir die alle zwei Wochen erscheinenden Sailor-Moon-Heftchen zu schenken (da war die Comicversion einer TV-Folge drin, ein kleines Extra wie z.B. Modeschmuck und ein wenig Info zur Serie und über Japan).
    Anfangs brauchte ich zwei Wochen für ein Winzheft. Im Laufe weniger Ausgaben jedoch hatte ich die Zeitschrift in einer halben Stunde durch.
    Schon ein-zwei Jahre später habe ich 100 Seiten pro Stunde gelesen und dieses Tempo hat sich im Laufe der Jahre noch vergrößert. Gerade gängige Kinderbücher für 8-12-Jährige konnte ich schon als Grundschülerin bald regelrecht „exen“ und kam bei genug Lesezeit auf drei-vier davon am Tag…
    Die Bibliotheken freuten sich ^^

    • So schließen sich Kreise: Sailor Moon als Comic und als Zeitschrift habe ich als Buchhändlerin verkauft. Und auch durchaus mal Eltern in die Hand gedrückt, die „Mein Kind liest nicht“ gejammert haben.

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