
Düstere Neumondnächte, lose Latten im Gartenzaun, durch die Kinder durchschlüpfen können und verborgene Kellerzugänge: „Johannes Gutenberg und die verschwundenen Lettern“ hat alles, was einen guten Kinderkrimi ausmacht. Leser erfahren viel über die Arbeit von Druckern und Buchmalern und über das Leben von Kindern in Gutenbergs Zeit. Doch im Mittelpunkt steht gar nicht mal so sehr die Wissensvermittlung, sondern die äußerst spannend erzählte Geschichte um Klara, Tochter des Buchmalers, und Martin, dem neuen Lehrling in Gutenbergs Werkstatt.
Auf dem Blog Kinderbibliothek findet ihr eine ausführliche Buchvorstellung mit vielen Details zur Handlung. Ihr Fazit:
Edelmann und Kölpin schaffen mit einem lebendigen, unterhaltsamen, kurzweiligen Krimi en passant den Kindern nicht nur die Erfindung, ihre Genialität, ihr Prinzip und ihr Novität zu erklären, sondern auch die Zeit des Spätmittelalters nahe zu bringen.
Blog Kinderbibliothek
Ich teile das Urteil, komme aber doch zu einem anderen Fazit: Die Geschichte ist gut, das Buch aber nicht.
Geschichte, Cover, Layout – all das gehört zu einem guten Kinderbuch
Als ich das Cover des Kinderbuchs zum ersten Mal sah, dachte ich mir: Was suchen denn die EAN-Codes oben auf dem Cover? Tatsächlich sind es Buchseiten, die nach dem Druck zum Trocknen aufgehängt werden.
Fast alles auf dem Cover erschließt sich erst, wenn man das Buch gelesen hat und die einzelnen Arbeitsschritte in der Werkstatt Gutenbergs kennt. Dann weiß man auch, was die Figur in der Hand hält und was die Details unten am Rand darstellen.
Doch es ist nicht die Aufgabe eines Buchcovers, Handlungsdetails wieder zu geben! Ein Cover soll auf ein Buch neugierig machen und bei diesem Motiv bezweifel ich stark, dass Kinder von alleine zu diesem Buch greifen würden. Dazu trägt auch die Figur bei, die dem Leser den Rücken zu dreht und so Distanz schafft, anstatt den Betrachter anzulocken.

Als ich das Buch aufschlug, habe ich mich einerseits über die wirklich große Schrift gefreut. Allerdings ist der Satzspiegel seltsam: ein sehr großer Rand außen, aber die Buchstaben zur Mitte hin verschwinden geradezu. Ich glaube, hätte ein Geselle Gutenbergs eine solche Arbeit abgeliefert, wäre der Meister nicht begeistert gewesen!
Gerade bei einem Buch zu diesem Thema wäre mehr Sorgfalt beim Layout wünschenswert. Womit ich beim letzten Punkt wäre: historische Sorgfalt.
Ich bin mir sicher, dass Fachleute wirklich jede Beschreibung eines Handgriffs in der Druckwerkstatt zweimal überprüft haben. Allerdings bezweifel ich, dass Kinder mit einem Vergleich wie „eine Druckerpresse arbeitet wie eine Weinkelter“ viel anfangen können.
Beim schmückenden Beiwerk, dem Leben außerhalb der Werkstatt, ist den Fachleuten etwas durchgerutscht: Die Kinder kaufen auf dem Markt Äpfel und Kürbis. Das hilft, die Geschichte in der Jahreszeit Herbst zu verankern. Aber der Kürbis kam erst mit Columbus nach Europa.
Deswegen lautet mein Fazit: Toll erzählter Kinderkrimi, mit dem man das, was man im Gutenberg-Museum oder im Technoseum Mannheim erlebt und erfahren hat, prima vertiefen kann. Aber ich wünsche der Geschichte eine überarbeitete Neuauflage mit einem Cover, das Kinder begeistert!
Infos zum Kinderbuch:
Regine Kölpin und Gitta Edelmann
Johannes Gutenberg und die verschwundenen Lettern
empfohlen für Kinder ab 8 Jahren
Gutenberg Stiftung
Lese-Tipp:
Warum hat der Buchdruck die Welt verändert und wie entstehen Bücher heute? All das und noch viel mehr beantwortet Was ist Was – Das Buch.
Wo Du Recht hast, hast Du Recht. Tatsächlich sind mir diese Dinge gar nicht aufgefallen, weil ich als Reformationshistorikerin sehr auf den historischen Kontext geachtet haben.